Kommentar: Wo bleibt die Selbstkritik

Die Süddeutsche Zeitung hat es vor Silvester sogar zum großen Titelthema gemacht: Rund 100.000 über 58-Jährige ohne Job werden aufgrund einer von der Großen Koalition eingeführten Regelung nicht als arbeitslos gezählt. Zu Recht haben auch andere Zeitungen diese Regelung gerügt. Es mag nicht der einzige fragwürdige Eingriff der Regierung in die Arbeit der Arbeitsmarkt-Statistiker sein, doch dieser ist besonders schwerwiegend. Denn danach dürfen über 58-Jährige, die länger als ein Jahr kein Jobangebot bekommen haben, nicht mehr als arbeitslos gezählt werden. Damit werden Jobcenter bestraft, die Älteren noch Stellen anbieten.

Arbeitslose ab 58 Jahren, die aufgrund der §53a-Regelung nicht als arbeitslos gezählt werden je 100 Arbeitslose dieser Altersgruppe. .

Neu ist die Erkenntnis nicht. Der Statistiker-Blog hat bereits im Februar und im Oktober darüber berichtet und unter anderem eine Übersicht darüber veröffentlicht, in welchen Kreisen ein besonders hoher Anteil betroffen ist. Die gesamte Liste lässt sich hier als PDF einsehen. Sie ist nach Kreiskennziffern sortiert. Das bedeutet, dass zuerst die ganz alten Bundesländer von Nord (Schleswig-Holstein=1) nach Süd (Bayern=9) aufsortiert sind, dann das 1957 beigetretene Saarland und schließlich die neuen Bundesländer in alphabetischer Sortierung aufgeführt sind.

Allerdings wollen wir uns gar nicht zu sehr dieser Auflistung rühmen. Denn die Daten werden jeden Monat im Standardbericht zur Arbeitsmarktentwicklung der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht.

Und hier fehlt vielen Medien leider der Mut zur Selbstkritik. Die Süddeutsche Zeitung räumt zwar ein, dass die Daten monatlich in der Unterbeschäftigtenstatistik veröffentlich werden, lässt aber offen, warum man dann nur anlässlich einer Anfrage der Grünen von ihnen hört. Großer Rechercheaufwand wäre nicht nötig, die Daten zu finden. Sie stehen wie gesagt im Monatsbericht. Und zwar ganz vorne.

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