Lieber Julia als Yusuf: Wie Namen und Herkunft die Chance auf eine Stelle beeinflussen

Wer (vermeintlich) aus einem nahöstlichen Land stammt, erhält bei gleicher Qualifikation weniger oft eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch als „Eingeborene“. Auch Frauen werden häufiger eingeladen als Männer. Das zeigt eine europaweite Untersuchung.

Ist eine fremde Herkunft ein Nachteil?

Wie schwer haben es Ausländer in Deutschland? Darüber wird seit langem erbittert gestritten. Ihr Verdienst liegt deutlich niedriger. Das aber sei weniger auf Diskriminierung als auf andere Faktoren wie die niedrigere Ausbildung oder das niedrigere Einkommen der Eltern zurückzuführen, meint die Autorin Judith Sevinç Basad.1

Ähnlich argumentiert auch der Autor Doug Saunders in seinem Buch „Mythos Überfremdung“. Er schreibt, dass in Frankreich die Kinder und Enkel von aus der Türkei eingewanderten Menschen in der Schule nicht weniger erfolgreich sind als französische „Ureinwohner“, wenn man Menschen mit gleichem Einkommen vergleicht, also die meist gering verdienenden türkischstämmigen Eltern mit gering verdienenden Franzosen ohne Migrationshintergrund und gut verdienende türkischstämmige Eltern mit gut verdienenden Franzosen ohne Migrationshintergrund. 2

Aber heißt das, dass es keine Diskriminierung gibt? Nicht unbedingt (was im übrigen auch weder Sounders noch Sevinç Basad behaupten). Schließlich ist das Einkommen der Eltern nicht der einzige Faktor, der den Bildungserfolg bestimmt. Und natürlich sind gute Noten nicht der einzige Faktor, der die Chance auf eine Stelle beeinflusst.

Das Experiment

Ein fünfköpfiges deutsch-niederländisches Team hatte eine einfache Idee.3 Sie verschickten in einem Feldexperiment einfach fiktive Lebensläufe an mehr als 13.000 Arbeitgeber. Warum fiktiv? Weil so kontrolliert werden kann, dass es nicht die unterschiedlichen Lebensläufe sind, die den Unterschied ausmachen, sondern die Herkunft oder das Geschlecht.

Im Extremfall könnten man sogar gleiche Lebensläufe an verschiedene Firmen versenden und das Geschlecht oder die Herkunft variierten. Oder man lost die Lebensläufe zu um zu verhindern, dass man diese selbst nach den eigenen Vorurteilen sortiert.

Variiert wurde dabei nicht nur der Name, auch über Geburtsort oder Staatsangehörigkeit kann man natürlich auf fremdländische Wurzeln hinweisen.

Die Forscherinnen sowie der Forscher interessierten sich vor allem für die „Big Two“, womit in diesem Fall die Eigenschaften „Kompetenz“ und „menschliche Wärme“ gemeint sind. Nach der klassischen Theorie werden beispielsweise Männer eher als kompetent, aber kaltherzig, Frauen als warmherzig aber weniger kompetent wahrgenommen. Das sollte eigentlich dazu führen, dass wir Frauen zwar mehr mögen, Männer aber eher einstellen.

Das Ergebnis

Das Team stellte eine ganze Reihe von Hypothesen auf, beispielsweise die, dass das Signalisieren von menschlicher Wärme bei Frauen einen höheren Erfolg hätte als bei Männern, das von Kompetenz aber bei Männern. Sprich, dass es von Vorteil ist, ins Raster zu passen und Klischees zu erfüllen. Ähnliche Hypothesen wurden auch für Migranten aufgestellt, beispielsweise dass das Signalisieren von Kompetenz bei europäischstämmigen und asiatischstämmigen Menschen mehr Erfolg habe als bei solche aus der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten oder Afrika.

Ich will aber gar nicht auf alle Ergebnisse eingehen, denn das würde den Rahmen sprengen. Interessant ist vor allem Antwort auf die Frage, wer am Ende die meisten Einladungen bekommen hat. Bewerberinnen ohne Migrationshintergrund hatten die Nase vorne. Leider wurde nicht untersucht, wie sich unterschiedliche Namen auswirken, aber man darf davon ausgehen, dass ein üblicherweise von der Mittel- oder Oberschicht vergebener Name ein weiterer Pluspunkt wäre.

Julia, Margarete und Sophie mit Bonus

Heißen Sie also Julia, Margarete oder Sophie, dann haben Sie gewonnen und liegen noch vor Elena, Adorata oder Donatella, sprich Frauen aus anderen europäischen Ländern. Es folgen deutsche Männer, wobei die Studie den Geschlechtereffekt nicht nach Herkunft aufgliedert. Aber der negative Effekt des männlichen Geschlechts überwiegt den einer Herkunft aus einem anderen europäischen Land. Er ist allerdings etwas schwächer als der Malus den es bedeutet, vermeintlich aus Asien zu stammen. Doch am seltensten erhalten jene Menschen eine positive Antwort, die aus der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten und Afrika stammen.

Footnotes

  1. Sevinç Basad, Judith: Schäm Dich!, Frankfurt am Main 2021, Seiten 35 ff
  2. Sauders, Doug: Mythos Überfremdung – Eine Abrechnung, München 2012
  3. Veit, Susanne Veit; Arnu, Hannah; Di Stasio, Valentina; Yemane, Ruta und Coenders, Marcel: The “Big Two” in Hiring Discrimination: Evidence From a Cross-National Field Experiment, o.O. 2021
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