Reiche Staaten, glückliche Staaten?

Macht Geld glücklich? Zumindest sind reiche Menschen im Schnitt glücklicher als arme und auch auf Ebene der Staaten gibt es diesen Zusammenhang: Menschen in reichen Ländern sind – wieder im Durchschnitt gesehen – glücklicher als jene in armen. Oder genauer gesagt zufriedener, denn Glück können wir nicht wirklich messen, sondern lediglich die Selbsteinschätzung. Und dann sind reiche Menschen tatsächlich glücklicher.

Irland in den 80ern: Arm und glücklich

Macht Geld also doch glücklich? Oder sind reiche Menschen nur deshalb zufriedener, weil sie in der sozialen Hierarchie weiter oben stehen? In den 1980er Jahren geisterte bei dieser Frage immer das Beispiel Irland durch die Presse. Denn das Land war damals das Armenhaus der EU. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf lag 1980 bei 6.380 US-Dollar pro Kopf, verglichen mit 12.092 US-Dollar in Westdeutschland. Dafür gab es viele Kinder, 1980 gebar jede Frau im Schnitt 3,25. Das entspricht dem aktuellen Wert von Ländern wie Ägypten, dem Westjordanland oder Nambia. Das Land war noch gut katholisch und die Menschen glücklich. Genauer fühlten sich die Iren in vielen Umfragen damals glücklicher als die Menschen in allen anderen Staaten der EU – oder genauer gesagt der EWG.

Kirche in Irland Statistik
Noch bis in die 1980er Jahre war Irland ein streng katholisches Land.

Sind Menschen in armen Ländern also glücklicher? Oder zumindest Menschen im mittleren Einkommensbereich, denn auch in Irland hatte man 1980 ja im Vergleich zur Vorzeit schon einen bescheidenen Wohlstand erreicht. Die Weltbank schätzt, dass die 6.380 US-Dollar im Irland des Jahres 1980 von der Kaufkraft her 17.000 US-Dollar des Jahres 2010 entsprechen. Das entspricht dem heutigen Wohlstandsniveau von Kroatien oder dem der Bundesrepublik Deutschland Mitte der 1960er Jahre.

Überraschung aus Pakistan

Die Frage nach dem Glück statistische zu beantworten ist gar nicht so einfach. Wenn wir Menschen fragen ob sie glücklich sind, spielen womöglich auch moralische Normen mit in die Antwort mit rein. Ist Bescheidenheit eine wichtige Norm ist, werden Menschen sich eher als glücklich beschreiben. Gilt es als oberflächlich sehr zufrieden zu sein, werden das weniger Menschen angebeben.

Auffällig ist, dass beispielsweise im armen und von Terror und religösem Wahn zerrütteten Pakistan rund 42,4 Prozent der Männer  behaupten, sie seien sehr glücklich, wenn man die Daten des World Value Survey als Basis nimmt. In Deutschland sind es nur 23,1 Prozent, die „sehr glücklich“ sind. Hierzulande fühlt sich die Mehrheit „eher glücklich“, nämlich 61,7 Prozent, das sind in Pakistan nur 40,6 Prozent.

Pakiastan Statistik
Pakistan ist schön, leider aktuell auch stark vom Terror betroffen.

Noch erstaunlicher ist, dass im eher traditionellen Pakistan die Frauen weitaus glücklicher sind als die Männer. 49,0 Prozent der Frauen sind nach eigenem Bekunden „sehr glücklich“. In Deutschland gibt es keinen signifikanten Geschlechterunterschied, der Anteil der sehr glücklichen Befragten liegt bei den Frauen ganz genauso hoch, nämlich bei ebenfalls 23,1 Prozent

Eine Erklärung wäre aber, dass es in Deutschland geradezu verpönt ist, sich als „sehr glücklich“ zu bezeichnen. Pessimissmus gilt als intelektuell, Optimisten werden dagegen gerne mit Voltaires Figur des Pangloss konfrontiert, einem lächerlichen und unverbesserlichen Schönseher. Durchaus denkbar, das deshalb hierzulande kaum jemand „sehr glücklich“ sein will, während in Pakistan sich vor allem die Frauen so bezeichnen, von denen in traditionellen Gesellschaften oft besonders viel Bescheidenheit verlangt wird.

Denkbar ist natürlich auch, dass Voltaire recht hatte, in dessen Novelle weise Menschen Sätze sagen wie „Arbeit verscheucht die drei schlimmsten Feinde von uns, die Langeweile, das Laster und den Mangel.“ Oder auch „Lasst uns arbeiten, ohne alle Vernünfteleien […]. Das ist das einzige Mittel, sich das Leben erträglich zu machen“. Vielleicht ist man ja tatsächlich umso glücklicher, je weniger man mit Geld, Macht und Einfluss belastet ist.

Allerdings muss man dazu festhalten, dass in Pakistan ein geringerer Anteil der Menschen glücklich oder sehr glücklich ist, wenn man beide Prozentantaben gemeinsam betrachtet. Das liegt vor allem daran, dass in Pakistan der Anteil der Männer die „überhaupt nicht glücklich“ sind mit 6,0 Prozent mehr als dreimal so hoch wie hierzulande (1,9 Prozent). Auch bei den Frauen sagen das hierzlande mit 1,2 Prozent deutlich weniger als in Pakistan mit 2,3 Prozent.

Die Statistik im Überblick

Gegen die These, dass Armut glücklich macht spricht auch, dass insgesamt ein leicht positiver Zusammenhang zwischen Bruttoinlandsprodukt und der Frage, ob sich Menschen als „sehr glücklich“ oder „glücklich“ beschreiben. Das legen zumindest die Daten von Our World in Data nah, die sich widerum auf das von mir zitierte World Value Survey stützen. Allerdings unterscheidet man hier nicht zwischen glücklich und sehr glücklich. Wie wir am Beispiel Pakistan gesehen haben, kann das einen großen Unterschied machen.

Anteil der Menschen, die glücklich oder sehr glücklich sind.

Betrachtet man alle Länder, so gibt es einen schwachen Zusammenhang zwischen Bruttoinlandsprodukt und Zufriedenheit. Die Produkt-Momentum-Korrelation nach Pearson liegt bei 0,37. Wie die meisten Leserinnen und Leser sicher wissen ist 1,0 dabei der höchste Wert, 0,0 bedeutet es gibt keinen Zusammenhang, negative Werte würden für sinkendes Glück bei BIP sprechen. Ein Wert von 0,37 ist nach Jacob Cohen ein mittelstarker Zusammenhang.

Auffällig ist, dass unter sich unter den Ländern mit den meisten glücklichen oder sehr glücklichen Menschen einige sehr reiche wie Katar, Norwegen und Schweden befinden, aber auch einige aus dem mittleren Einkommensbereich wie Usbekistian, Malaysia, Mexiko oder Kirgigistan.

Andere Daten, andere Ergebnisse

Allerdings kommen andere Statistiken zu ganz anderen Ergebnissen. Der World Happiness Report lässt Menschen ihre Zufriedenheit auf einer Skala von 0 bis 10 abtragen. Sie bekommen folgende Frage gestellt:

„Bitte stelle dir eine Leiter vor, mit Schritten von 0 unten bis 10 oben. Die Oberseite der Leiter stellt das bestmögliche Leben für dich dar und die Unterseite der Leiter stellt das schlechteste Leben für dich dar. Auf welcher Stufe der Leiter würdest du sagen, dass du dich diesmal persönlich stehend fühlst?“

Erstaunlicherweise gibt es bei dieser Fragestellung ganz andere Ergebnisse. Unser Pakistan schneidet mit durchschnittlich 5,8 Punkten deutlich schlechter ab als Deutschland, dessen Bewohner durchschnittlich eine 7,1 vergeben.

Wie kann das sein, was sagt der Report genau und welche Ergebnisse sind besser? Damit geht es nächste Woche weiter.

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