Es war einmal: die DDR – ein statistischer Rückblick

Beim Neusortieren meiner Bücherregale ist mir ein altes Statistisches Jahrbauch in die Hände gefallen. Allerdings keines des Statistischen Bundesamtes (das man übrigens entweder für 71,- Euro kaufen oder aber hier kostenlos und legal als PDF von den Seiten des Amtes herunterladen kann). Es handelt sich vielmehr um das Statistische Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik aus dem Jahr 1989. Es stammt also aus dem letzten Jahr, an dessen Ende es die DDR noch gab und ist jetzt 30 Jahre alt. Wenngleich die Statistiken natürlich nur bis 1988 reichen, denn das Buch erschien im Juni 1989 – und da war das Jahr 1989 ja noch nicht abgeschlossen.

DDR Statistik
Es war einmal: die DDR

Das Statistische Jahrbuch

Das Statistische Jahrbuch der DDR ist etwas leichter und kleiner als sein aktuelles Pendant aus Wiesbaden. Es gliedert sich mehrere Rubriken, neben einigen Überssichtsseiten sind das

  • Volkswirtschaftliche Kennziffern
  • Wirtschaftsbereich
  • Finanzen, Preise, Verbrauch
  • Kulturelle und soziale Bereiche
  • Bevölkerung
  • Volksvertretung, Nationale Fronto, gesellschaftliche Organisation,
  • Geographische und meterologische Angaben.

Ähnliche Kategorien gibt es auch im aktuellen Statistischen Jahrbuch, vielleicht abgesehen von der Rubrik „Volksvertretung, Nationale Front, gesellschaftliche Organisation“.

Volksvertretung, Nationale Front, gesellschaftliche Organisation

Die Rubrik enthält nur ein einziges Unterkapitel, das genauso heißt. Darin erfahren wir beispielsweise, dass nur 127 der 500 Abgeordneten der Volkskammer der SED angehörten. Oder dass immerhin 271 Arbeiter waren, 31 Bauern, Gärtner oder Fischer, 69 Angestellte und 126 „Angehörige der Intelligenz“. Die übrigen drei sind als sonstig Abgeordnete vermerkt.

Landwirtschaft
Auch die Zahl der Hühnerhalter im Kleingärtnerverband ging zurück, von 84.809 im Jahr 1965 auf 53.307 im Jahr 1988.

Das ganze wiederholt sich für die übrigen Parlamente wie Stadtbezirks- und Stadtverordnungenversammlungen. Außerdem werden Mitgliederzahlen für unterschiedliche Verbände aufgeführt. Beispielsweise die Pionierorganisation Ernst Thälmann, Urania – Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, den Kulturbund der DDR oder den Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter. In letzterem gab es 1989 übrigens nur noch 8.268 Ziegen- und Milchschafzüchter, nachdem es 1965 noch 26.999 gewesen waren. Auch Rassegeflügelzüchter, Rassekanninchenzüchter und Imker haben verloren. Gestiegen ist dagegen die Zahl der Kleingärtner und Siedler, der Ziergeflügelzüchter, der Edelpelzzüchter und vor allem der Rassehundezüchter.

Helden der Arbeit

Auch im Kapitel VI – Arbeitskräfte und Arbeitseinkommen gibt es aber ein paar Rubriken, die es so im statistischen Jahrbuch der Bundesrepublik nicht gibt. Beispielsweise die „Auf dem Gebiet der Aktivisten- und Wettbewerbsbewegung verliehenen Auszeichnungen“.  Dort erfäht man beispielsweise, dass es 1988 genau 64 Helden der Arbeit gab, darun1ter acht Frauen. Aktivisten der sozialistischen Arbeit gab es sogar 284.576.

Auch die Unterscheidung in sozialistische und private Betriebe ist ungewöhnlich. Interessanterweise werden Genossenschaften generell als sozialistisch gezählt. Ein Großteil des deutschen Bankensektors wäre demnach längst sozialistisch, neben den öffentlich-rechtlichen Sparkassen nämlich auch die Volks- und Raiffeisenbanken, PSD-Banken, Sparkassen und einige weitere Institute wie die Badische Beamtenbank, die Evangelische Bank, die katholische LIGA-Bank oder die Deutsche Apotheker- und Ärztebank.

Immerhin arbeitete ein relevanter Teil der DDR-Bürger in Privatfirmen, nämlich 453.000 von 8.571.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Was nicht im Jahrbuch steht

Erstaunlich ist, welchen geringen Umfang das Wohnen einnimmt. Immerhin war die Schaffung von zeitgemäßem Wohnraum ein wichtiges Ziel der DDR. Die meisten Statistiken befassen sich aber nur mit dem Neubau, über die tatsächliche Wohnsituation erfährt man nur, dass je Einwohner 27,0 qm Wohnfläche zur Verfügung stehen. In Ost-Berlin sind es sogar 29,8 qm, im Bezirk Rostock dagegen nur 23,5.

Wohnen in der DDR Statistik
Das Thema Wohnen findet erstaunlich wenig Raum im Statistischen Jahrbuch.

Spannend wäre gewesen, wie viele Wohnungen über moderne Heizungen oder Bäder verfügen und welcher Anteil der Bürger in sozialistischen Großwohnanlagen lebt, welcher in Einfamilienhäusern und welcher in sonstigen Altbauten.

Vieles wenig spekakulär

Die meisten Daten könnte man aber auch in einem Statistischen Jahrbuch der Bundesrepublik finden. Auch wenn sie dort wohl anders ausfallen würden. Beispielsweise hatte 1988 nur rund jeder zweite DDR-Haushalt ein Auto. Mittlerweile dürfte es mehr Fahrzeuge als Haushalte geben, da viel zwei Stück besitzen. Leider geht aus der Statistik nicht hevor, ob es sich wirklich um den Anteil der Haushalte mit eigenem Pkw handelt oder ob die Zahl der privaten Fahrzeuge nur ins Verhältnis zu den Haushalten gesetzt wurde. Wobei vermutlich die wenigsten DDR-Haushalte zwei Autos hatten und beide Zahlen daher vermutlich eng beinander liegen.

Die Menschen in der DDR haben aber prinzipiell das gleiche getan wie die im Westen, sie haben geheiratet, Kinder bekommen, sind verreist und irgendwann gestorben. Das spiegelt sich auch in der Statistik wider.

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