Thema 2.2: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

Frauen verdienen weniger als Männer, wie wir im vergangenen Beitrag gesehen haben. Und ein großer Teil des Unterschieds lässt sich durch die Erwerbsbeteiligung erklären. Daher wollen wir noch einen kurzen Blick auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach Geschlecht werfen.

Tatsächlich sind Frauen nach wie vor seltener sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit gingen im Jahr 2016 zwar 61,0 Prozent der Männer im Alter zwischen 15 und 65 einer solchen Tätigkeit nach, aber nur 55,2 der Frauen. Allerdings gibt es hier sehr große Unterschiede. In den ostdeutschen Bundesländern sind die Zahlen nahezu ausglichen. Einziger Ausreißer ist Mecklenburg-Vorpommern. Aber nicht, weil hier Männer deutlich öfter sozialversicherungspflichtig beschäftigt wären, sondern weil Frauen zu 59,2 Prozent sind, Männer aber nur zu 56,3. Eine Differenz von 2,9 Prozentpunkten. Insgesamt gibt es in den meisten ostdeutschen Ländern ein leichtes Plus für die Frauen, nur in Sachsen-Anhalt und Thüringen sind Männer geringfügig öfter (0,4 bzw. 0,6 Prozentpunkte) in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Männer Frauen Grafik
Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer (grau) und Frauen (rot) an den 15 bis unter 65-Jährigen. Sortierung nach der Differenz in Prozentpunkten.

Ganz anders aber im Westen. In keinem westdeutschen Bundesland sind die Quoten ausgeglichen. Der Stadtstaat Hamburg ist mit einer Differenz von 2,9 Prozentpunkten so ungleich wie Mecklenburg-Vorpommern, nur in die andere Richtung. Hier sind die Männer öfter in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Zusammen mit Schleswig-Holstein (3,4 Prozentpunkte Differenz) und Bremen (5,9 Prozentpunte) sind die Nordländer aber vergleichsweise gleich. Auch das konservative Bayern stehen mit 6,5 Prozentpunkten besser da als der westdeutsche Schnitt. Schlecht sieht es dagegen ausgerechnet in den SPD-Stammländern Niedersachsen (7,9 Prozentpunkte) und Nordrhein-Westfalen (8,8 Prozentpunkte) aus.

Beide Länder sind stark von klassischer Industrie geprägt. Darin dürfte vermutlich der Hauptgrund für die Differenz liegen. Denn tatsächlich ist der Unterschied in den Kreisen Salzgitter (VW, Stahlindustrie) und der Stadt Wolfsburg (VW) mit 18,7 beziehungsweise 17,1 Prozentpunkten besonders hoch. Die Firmen dort wie VW oder die Stahlindustrie bieten Arbeit vor allem für Männer. Außerdem sind die Gehälter hoch, Frauen müssen also nicht arbeiten. Ob es die Männer sind, die ihre Frauen mit dem Argument „Ich verdiene doch genug“ daheim halten oder die Frauen sind, die gar nicht wollen, verraten die Daten nicht.

Den höchsten Unterschied gibt es allerdings im sauerländischen Olpe mit 20,2 Prozentpunkten. Auch hier gibt es relativ viel Industrie, außerdem gilt der Landstrich als sehr konservativ. Möglicherweise könnten auch Bauernhöfe im Nebenerwerb hier eine Rolle spielen. Der Mann arbeitet in der Industrie, die Frau kümmert sich mit den Altbauern zusammen um den Hof. Aber das ist Spekulation, zumal die Zahl der kleinen Nebenerwerbsbetriebe rückläufig ist.

Tabakpflanzen in Schwabach
Die Kombination „Mann arbeitet in der Industrie, Frau führt den geerbten Hof im Nebenerwerb weiter“ gab es früher oft. Ist das heute auch noch so und vielleicht ein Grund für die große Differenz zwischen Männern und Frauen im Sauerland? Wir wissen es leider nicht.

Festhalten können wir aber, dass im Westen überall Frauen deutlich seltener sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind als Männer. Im Osten dagegen ist es umgekehrt. Besonders groß ist die Differenz in Vorpommern-Rügen, wo die Beschäftigtenquote von Frauen um 4,7 Prozentpunkte höher liegt. Allerdings vor allem wegen der sehr niedrigen Quote von 50,9 Prozent bei den Männern. Insgesamt ist die Differenz über die Jahre aber fast überall gesunken. 2007 lag sie noch bei 8,1 Prozentpunkten, 2010 noch bei 6,7, 2014 bei 6,5 und 2016 bei 5,8 Prozentpunkten.

In dieser Zahl sind natürlich weder Selbständige noch Beamte enthalten. Außerdem ist die Höhe des Einkommens auch die Arbeitszeit entscheidend. Frauen arbeiten deutlich häufiger Teilzeit, nämlich zu 46,9 Prozent gegenüber nur 10,1 Prozent bei den Männern. Auch hier ist der Unterschied in Niedersachsen besonders groß. Die hohe Teilzeitquote senkt nicht nur die Monatsverdienste, sondern auch die Stundenlöhne. Denn wer weniger arbeitet, hat seltener Führungsverantwortung. Mehr Führungspositionen für Teilzeitkräfte könnten deshalb ein wichtiger Beitrag zu mehr Frauen in hohen Positionen sein. Wie wenige es davon bisher gibt, erkläre ich im nächsten Beitrag.

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