Deutschlands Wirtschaft schwächelt. Immerhin eine gute Nachricht gibt es, im ersten Quartal 2025 stieg die Zahl der Gewerbeanmeldungen um 3,4 Prozent. Auch die Zahl der Gewerbeabmeldungen nahm zwar zu, allerdings nur um 0,8 Prozent.
Gewerbeanmeldungen und Arbeitslosigkeit
Ich habe ja schon im Beitrag Gute Nachricht, schlechte Nachricht darauf hingewiesen, dass die Zahl der Gründungen aber auch ein Indikator für eine schlechtere Lage am Arbeitsmarkt ist. In Zeiten mit hoher Arbeitslosigkeit gründen mehr Menschen ein Unternehmen, weil sie keine andere Perspektive haben.

Dieser Effekt ist sogar ziemlich stark. Betrachtet man die Entwicklung seit 2007, so liegt der Korrelationskoeffizient (Produkt-Momentum-Korrelation nach Bravais-Pearson) bei 0,70. Da 1,00 der maximal mögliche Wert ist, ist das schon eine recht hohe Korrelation und zeigt nach den üblichen Faustregeln von Jakob Cohen einen starken Zusammenhang.
Wenig überraschend gibt es eine Ausnahme von der Regel, nämlich die Corona-Pandemie. Damals stieg die Arbeitslosigkeit deutlich an, die Zahl der Gründungen fiel aber verständlicherweise. Mit dem Ende der Pandemie sank dann die Arbeitslosigkeit zunächst und die Zahl der Gewerbeanmeldungen stieg dennoch.
Das war aber eine Ausnahme. In jüngster Zeit ist aber wieder der gewohnte Zusammenhang zu beobachten. Seit Ende 2022 steigt die Arbeitslosenquote und die Zahl der Gewerbeanmeldungen.
Exkurs: Die Jahreszeiten und die Gewerbeanmeldungen
Die Daten habe ich für die Grafik oben übrigens mit einem gleitenden 12-Monats-Schnitt geglättet. Denn es gibt bei den Gründungen auch einen Saisoneffekt, der aber nicht immer mit dem bei den Arbeitslosen identisch ist.

Viele Gewerbeanmeldungen erfolgten direkt im Januar. In den Januaren 2008 bis 2025 wurden insgesamt 1.317.101 Gewerbe angemeldet, das sind 38,0 Prozent mehr als in den Dezembern der Jahre 2007 bis 2024 (also den Monaten direkt davor). Die Dezember sind die Monate mit den wenigsten Gründungen. Beide Monate stechen deutlich hervor. Im Januar wurden 19,0 Prozent mehr Gewerbe angemeldet als im Schnitt aller Monate, im Dezember 13,8 Prozent weniger. Zweitwichtigster Monat für die Gewerbeanmeldungen ist der März, der allerdings nur 9,4 Prozent über dem Jahresschnitt liegt.
Nicht jede Anmeldung ist eine Gründung
Der gleitende Durchschnitt der Arbeitslosenquote ist aktuell wieder so hoch wie Mitte 2016. Aber immerhin liegt die Zahl der Gewerbeanmeldungen deutlich höher als damals.
Nun ist nicht jede Gewerbeanmeldung eine Gründung. Man könnte vermuten, dass die Ursache für die vergleichsweise positive Entwicklung bei den Gewerbeanmeldungen andere Gründe hat. Beispielsweise die Tatsache, dass manche Gründer aktuell lieber eine GmbH kaufen statt gründen. Dabei werden von spezialisierten Unternehmen oder Rechtsanwaltskanzleien Unternehmen zunächst gegründet. Will beispielsweise ein ausländisches Unternehmen eine deutsche Tochtergesellschaft eröffnen, kann sie diese Vorratsgesellschaft kaufen und spart sich so den Gründungsprozess. Dabei werden mindestens zwei Gewerbeanmeldungen ausgelöst, zunächst für die eigentliche Gründung durch den Dienstleister und dann eine für den Eigentümerwechsel.
Allerdings ist das nicht der Grund für den Zuwachs. Von den 66.950 Anmeldungen im Juli 2025 waren immerhin 56.488 Gründungen. Die übrigen rund 10.000 Anmeldungen entfallen vor allem auf den Zuzug, nämlich in 6.622 Fällen. Das bedeutet, dass eine Unternehmen seinen Sitz verlegt. Erbfolge, Pacht und Kauf sind für weitere 2.633 Anmeldungen verantwortlich, Rechtsformwechsel, Gesellschafterwechsel oder Umwandlungen sind dagegen relativ unbedeutend.
Reine Betrachtung der Gründungen verstärkt den Effekt
Betrachten wir nur die Gründungen, ist der Zuwachs sogar noch stärker. Im ersten Halbjahr 2025 lag die Zahl der Neugründungen 4,6 Prozent höher als im ersten Halbjahr 2024. Bei Gründungen, bei denen die Rechtsform auf ein größeres Unternehmen hinweist, lag das Plus sogar bei 9,4 Prozent.
Die Menschen reagieren also auf die gestiegene Arbeitslosigkeit mit mehr Gründungen. Der Zuwachs ist also kein Zeichen für bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Aber trotzdem ist es natürlich erfreulich, wenn Menschen Unternehmen gründen.