Deutschland vertrocknet. Das jedenfalls legt die Lektüre der Schlagenzeilen nahe. Noch nie war es in Deutschland so heiß und Regenarm wie in den vergangenen Jahren, oder? Und wie geht es weiter? Führt der Klimawandel dazu, dass es von Jahr zu Jahr weniger regnet? Wagen wir einen Blick in die Statistik. Sehen wir uns die Entwicklung der Niederschläge und der Temperaturen an. Dabei verzichte ich, wie fast immer, auf das Rezitieren von Theorien, sondern blicke auf die Daten.

1. Ja, es wird wärmer

Fangen wir mit dem naheliegenden und erwartbaren an. Ja, es wird tendenziell wärmer. Das bedeutet nicht, dass jedes Jahr wärmer ist als das davor, aber der 20-Jahres-Trend geht eindeutig nach oben.

Quelle: Wikipedia

Betrachtet man die wärmsten und kältsten Jahre seit 1881, dann fällt auf, dass von den elf wärmsten Jahren seit 1881 zehn mit einer 2 starten, darunter die wärmsten sieben. Auf Platz 8 folgt 1994, auf Platz zwölf 1934. Unter den 20 kältesten Jahren gibt es dagegen kein einziges aus dem aktuellen Jahrtausend, dafür aber viele aus dem 19. Jahrhundert, obwohl die Statistik erst 1881 startet. Das kälteste Jahr war übrigens ausgerechnet 1940, also eine Zeit, als die Menschen mit der Kälte wirklich nichts anfangen konnten. 1

Es wird also tatsächlich wärmer, aber das wussten wir ja eigentlich schon.

2. Nein, es regenete nicht weniger

Werfen wir jetzt einen Blick auf die Niederschläge. Tatsächlich ist es aktuell ungewöhnlich trocken. Aber einen langfristigen Trend zu mehr Trockenheit gibt es nicht. Im Gegenteil, die Niederschlagssumme steigt vom Trend her.

Auch hier wird es etwas plastischer, wenn wir uns die einzelnen Jahr ansehen. Auf der Top-10 der trockensten Jahre findet man zwei Jahre aus dem aktuellen Jahrtausend, nämlich 2018 und 2003, allerdings nur auf den Plätzen vier und zehn.

Bei den nassesten Jahren sind dagegen drei aus dem aktuellen Jahrzehnt dabei – und zwei davon mit den Plätzen eins und vier auch recht weit vorne. Es handelt sich dabei übrigens um die Jahre 2002 und 2007. 2002 regnete es 1018 Millimeter pro Quadratkilometer und damit fast doppelt so viel wie 1959, dem trockensten Jahr der Aufzeichnung.2

„Klimapanik“ oder reale Probleme?

Sind die aktuellen Berichte ein Ausdruck von „Klimapanik“ oder ist die Situation trotz leicht steigender Niederschläge schlechter geworden? Schwer zu sagen. Es gibt aber zumindest einige Faktoren, die tatsächlich nachteilig sind.

1. Vor allem die Winter werden nasser

Woher kommt dann das Gefühl, dass die Sommer immer trockener werden? Ist es völlig falsch? Nein, denn vor allem die Winter sind nasser geworden. Unter den zehn nassesten Wintern seit 1881 sind drei aus dem aktuellen Jahrtausend und drei weitere aus den 1990er Jahren, darunter fast alle Top-4. Nur der Winter 1948 hält sich noch in der Spitzengruppe, das aber gleich auf Platz 1. Bei den trockensten Wintern findet sich kein einziger aus den vergangenen 25 Jahren unter den Top-10.

Etwas anders sieht es bei den Sommern aus. Die ersten sechs Plätze der nassesten Sommer gehen hier alle an Jahre vor 1960, erst dann folgen die Jahre 1966 und 2007. Bei den trockenen Sommern sind 2018 und 2003 dagegen sogar zwei Sommer in der Spitzengruppe vertreten, 2018 sogar auf Platz zwei.

2. Weniger Schnee, mehr Starkregen

Der Regen im Winter ist keineswegs verloren. Für einige Pflanzen ist die Kombination von Regen im Winter und Sonne im Sommer sogar sehr vorteilhaft. Allerdings nicht für alle. Zumal es wegen der gestiegenen Temperaturen weniger schneit. Schnee aber speichert den Niederschlag des Winters bis zum Frühling.

Im schlimmsten Fall regnet es im Winter so viel, dass es zu Überschwemmungen kommt und im Sommer ist es trocken. Das muss aber nicht so sein. Zumal auch Schneeschmelzen in der Vergangenheit oft zu Hochwasser geführt haben. Die Situation ist also vertrackt, verschiedene Quellen kommen zu verschiedenen Aussagen.

3. Mehr Verdunstung

Sicher ist aber, dass mehr Wärme zu mehr Verdunstung führt. Auch wenn es nicht weniger regnet, wird es dadurch trockener. Das Phänomen kennen wir bereits aus Vergleichen von nordeuropäischen mit mediteranen Orten. So regenet es laut Wikipedia in Palermo auf Sizilen mehr als in London, zumindest gemessen an der Niederschlagsmenge. In London aber fällt der Regen gleichmäßiger verteilt, es gibt weniger Starkregen und dafür mehr Regentage und weniger Verdunstung. Deshalb ist der englische Rasen so berühmt, der sizilianische aber nicht.

Fazit

Es regnet also nicht immer weniger, wie in manchem Social-Media-Beitrag zu lesen. Allerdings ist die zunehmende Sommertrockenheit auch keine Einbildung, es regnet nämlich vor allem im Winter mehr und die Verdunstung steigt. Unser Wetter wird also italienischer, mit allen Vor- und Nachteilen.

Footnotes

  1. https://wetterkanal.kachelmannwetter.com/temperaturentwicklung-in-deutschland-seit-1881/
  2. https://wetterkanal.kachelmannwetter.com/niederschlagsentwicklung-in-deutschland-seit-1881/