Kommentar: Wissenschaftler als Politiker

Ausgerechnet die gleiche Zeitung, die Fratzschers und Fuests Diskussion brachte, hatte jüngst einen großen Artikel über das „postfaktische Zeitalter“ gebracht. Nun bin ich ohnehin kein Fan der These des Postfaktischen. Denn dazu hätte es mal ein faktisches Zeitalter geben müssen. Wann soll das gewesen sein?

Das hat eine Reihe von Wissenschaftler nicht davon abgehalten, sich in dem Beitrag selbst auf die Schultern zu klopfen und über die Schlechtigkeit der Welt zu klagen, dass niemand auf sie hört. Immerhin bewies die Redaktion der ZEIT Humor als sie zwei Professoren nebeneinander stellten, die genau das Gegenteil behaupteten.

Selbstkritik war leider bei keinem beziehungsweise keiner der Professoren und Professorinnen zu hören. Hat nicht die Frankfurter Schule selbst Karl Popper dafür angefeindet, dass er Wissenschaftler dazu aufrief sich um Objektivität zu bemühen und ihre Thesen empirisch zu prüfen? Die Forderung nach Objektivität hieß es, verschleiere nur das Erkenntnisinteresse. Nun bin ich als Freund des kritischen Rationalismus natürlich auch nicht besonders unvoreingenommen. Zumal ich der Frankfurter Schule ihre Ablehnung des Empirischen übel nehme. Wenn es überhaupt eine Möglichkeit gibt von so etwas wie Fakten zu sprechen, dann nur auf empirischer Basis. Wer sich über das „Postfaktische“ beklagt, darf sich der Empirie nicht verschließen.

Auch wenn die Statistik hin und wieder missbraucht wird, so wie es Fratzscher in seinem Kommentar in der Zeit tut. Man kann das schon in die Kategorie „So lügt man mit Statistik“ einordnen. Wer so handelt, braucht sich nicht wundern, wenn Wissenschaftler nicht das Vertrauen genießen, das sie sich wünschen.

Mancher mag sich beschweren, warum ich vor allem Fratzscher angreife. Ist denn die Studie der Familienunternehmer objektiv? Sicher auch nicht, das darf man von so einer Arbeit auch nicht erwarten. Doch sie täuscht nicht in dem Sinne wie Fratzscher, eher so, dass der Fokus so gelegt wird, wie es den Interessen dient. Beispielsweise wenn man darauf hinweist, dass die Ungleichheit der Einkommen unter Berücksichtigung der Arbeitslosen seit 2005 stagniert. Man hätte auch schreiben können, dass sie 2016 höher liegt als 1986. Beides wäre richtig, nur der Fokus ist anders. Doch in dem Sinne wie Fratzscher täuscht man nicht, dass man Behauptungen gezielt aufstellt weil man weiß, dass sie falsch verstanden werden.

Das DIW gilt ohnehin nicht gerade als Ort wissenschaftlicher Brillianz. So aber wird es seinen Ruf endgültig zerstören. Wissenschaftler dürfen politische Vorlieben haben, sie sollten aber nicht versuchen zu täuschen – auch nicht mit rhetorischen und statistischen Tricks.

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