Gender Life Expectancy Gap

Vom Gender Pay Gap ist viel die Rede, also von der Differenz zwischen Frauen- und Männergehältern. Die Daten schwanken zwischen 100 und 4 Prozent. Männer verdienen 100 Prozent mehr, rechnet das linke DIW in Berlin vor. Frauen verdienen rund 4 Prozent weniger, sagt das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft. Der deutliche Unterschied liegt zunächst daran, dass man einmal das Monats- und einmal das Stundeneinkommen verglichen hat. Weil Frauen öfter Teilzeit arbeiten sind die Unterschiede bei den Stundenlöhnen geringer als beim Monatslohn. Die Teilzeitarbeit beeinflusst aber auch den Stundenlohn, weil man in Teilzeit seltener Karriere macht. Berücksichtigt man das und weitere Faktoren, kommt man auf die 4 Prozent in der Gender Pay Gap Statistik des Instituts der Deutschen Wirtschaft.

Wer jetzt sagt „Da sieht man mal wieder, dass man mit Statistik alles beweisen kann“ dem entgegne ich: Nur wenn man die Statistik nicht verstanden hat. Welche Zahl die Richtige ist? Das hängt davon ab, was man als Gerechtigkeit definiert. Ist die geringere Arbeitszeit von Frauen ein Zeichen von Diskriminierung? Oder eine frei Entscheidung? Oder vielleicht sogar ein Privileg?

Ich möchte mich ohnehin heute mit einer anderen Gerechtigkeitslücke befassen, einer die weniger im Fokus der Medien steht. Nämlich dem Unterschied in der Lebenserwartung, nennen wir es mal Gender Life Expectancy Gap. Dass Frauen länger leben als Männer ist bekannt. Die Frage soll deshalb lauten: Wie hat sich diese Lebenserwartungslücke verändert? Ist es der Regierung und den Gleichstellungsbeauftragten gelungen, sie etwas zu schließen? Fairerweise muss man sagen, dass sie es gar nicht wirklich versucht hatten.

Lebenserwartung Statistik
Die Lebenserwartung steigt, für Männer und Frauen, aber nicht immer im gleichen Maße

Aber was ist denn nun mit der Lebenserwartungslücke? Zunächst einmal muss man feststellen, dass sowohl Männer als auch Frauen heute länger leben als noch vor 60 Jahren, was ja allgemein bekannt sein dürfte. Allerdings ist die Lebenserwartung von Männern und Frauen nicht im gleichen Maße angestiegen.

Um es auf den Punkt zu bringen, die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen ist heute in Sachen Lebenserwartung sogar deutlich größer als 1950. Die Lücke hat sich also nicht geschlossen, im Gegenteil. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes betrug sie 2010 rund 5,5 Jahre. Das sind weniger als die 6,7 Jahre im Jahr 1980, aber deutlich mehr als die 3,9 Jahre im Jahr 1950. Vielmehr liegt der Unterschied jetzt wieder so groß wie 1960.

Nur wenig besser sieht es aus, wenn man statt dem Abstand in Jahren den relativen Unterschied betrachtet. 5,5 Jahre bedeuteten 1960, dass die Lebenserwartung von Männern 7,6 Prozent kürzer war als die von Frauen, heute sind es nur noch 6,7 Prozent (die beiden Ziffern einmal umgedreht, ja so ein Zufall).

Lebenserwartung Unterschied Männer und Frauen
Der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Männer und Frauen ist bis 1980 größer geworden, seitdem schließt sich die Lücke etwas.

Auffällig ist vor allem der deutliche Unterschied zwischen 1950 und 1960, damals stieg die Lebenserwartung von Frauen um 3,9 Jahre, die von Männern aber nur um 2,3. Seitdem hat sich die Lücke bis 1980 stetig vergrößert, dann von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wieder etwas geschlossen.

Was dafür verantwortlich ist? Nicht unwesentlich dürfte die gesunkene Geburtenzahl, die Fortschritte bei der Betreuung von Schwangeren und die verbesserte Vorsorge für Frauen deren Lebenserwartung erhöht haben. Die steigende Zahl von Raucherinnen dürfte wiederum etwas zum Angleichen beigetragen haben.

Nur auf den ersten Blick vorbildlich ist in Sachen Gender Live Expectancy Gap der Niger. Nur rund 2,4 Jahre beträgt der Unterschied in der Lebenserwartung dort. Allerdings nicht, weil Männer dort länger leben, sondern weil die Lebenserwartung mit rund 55 Jahren allgemein etwas kürzer ist als in Deutschland. Außerdem ist dort die Müttersterblichkeit sehr hoch. Nicht nur, dass dort je 1.000 Geburten 5,5 Mütter sterben, die Frauen dort bekommen auch durchschnittlich fast acht Kinder. Also nicht gerade ein Modell zum Nachahmen.

Vorbild könnten eher die Mönche sein. Bei Mönchen und Nonnen liegt der Unterschied bei der Lebenserwartung ebenfalls deutlich niedriger als beim Rest der Bevölkerung. Ähnliches gilt auch für israelische Kibbuzim, wo Männer und Frauen sehr ähnliche Aufgaben haben. Insofern könnten Männer von mehr Geschlechtergleichheit sogar profitieren.

Einen Beitrag zum Thema „Warum leben Frauen länger“ habe ich für die Männergesundheits-Seite Gesund.men verfasst.

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