CO2 2

Wie angekündigt geht es diese Woche weiter mit dem Thema CO2. Wir hatten uns ja im vergangenen Beitrag mit dem Thema CO2-Äquivalente beschäftigt. Solche Umrechnungen braucht man ja immer wieder in der Statistik, regelmäßige Leser werden sich beispielsweise an das Nettoäquivalenzeinkommen erinnern.

Diesmal geht es um das CO2 selbst, genauer gesagt um dessen Ausstoß. Woher kommt das ganze Zeug? Und ausnahmsweise haben die Vulgärlinken mit ihrer Pauschalantwort „Die USA sind schuld“ beziehungsweise „Der Westen ist schuld“ einmal fast recht. Schließlich gehören die europäischen und nordamerikanischen Staaten zu den großen Emittenten. Allerdings stimmt auch diese Schuldzuweisung nur fast, denn auch die ostasiatischen und arabischen Staaten stoßen viel CO2 aus und sind pro Kopf teilweise größere Schmutzfinken als europäische Staaten.

CO2
CO2-Ausstoß weltweit seit 1751. Für CO2-Äquivalente liegen ähnlich lange Zeitreihen nicht vor. Bild: Eigene Grafik nach Carbon Dioxide Information Analysis Center at the US Department of Energy

Die Demokratische Republik Kongo und Äthiopien dagegen landen nicht auf den ersten Plätzen, obwohl sie beide ähnlich viele Einwohner haben wie Deutschland, das beim Ausstoß von Kohlendioxid immerhin Platz sechs belegt. Grundsätzlich gilt, wenig überraschend: Reiche Länder setzen ausnahmslos mehr Kohlendioxid frei als arme. Wobei es natürlich auch zwischen Nationen mit vergleichbarem Einkommen Unterschiede gibt. Ebenfalls eine Binsenweisheit: Arme Länder sind dafür stärker von den Konsequenzen betroffen, weil sie weniger Mittel für die Anpassung und oft ohnehin schwierige klimatische Bedingungen zu meistern habe. Auch diese Feststellung stimmt natürlich nur in der Tendenz und nicht in jedem Einzelfall, darauf einzugehen würde aber den Rahmen sprengen. Zu diesem Thema wurden bereits ganze Bücher geschrieben.

Beim Blick auf die zehn größten Länder spielt natürlich noch etwas anderes eine Rolle, nämlich die Größe des Landes. Indien gehört zu den größten CO2-Emittenten der Welt, das Land hat aber auch die zweitmeisten Einwohner. Ich habe deshalb den Ausstoß mal ins Verhältnis zur Einwohnerzahl gesetzt. Außerdem habe ich ausgerechnet, wie viel ein Land aufgrund seiner Einwohnerzahl ausstoßen dürfte, würde man die aktuelle CO2-Menge einfach pro Kopf auf alle Erdenbürger verteilen.

CO2 Weltweit
Die zehn Länder mit dem höchsten CO2-Ausstoß insgesamt. Grau ist die Menge CO2, die ein Land aufgrund seiner Größe freisetzen dürfte, wenn alle Länder gleich viel Kohlendioxid ausstoßen, rot die Differenz zum tatsächlichen Ausstoß. Im Falle Indiens ist der Ausstoß schwarz, blau das, was Indien aufgrund seiner Größe noch ausstoßen dürfte. Quelle: Eigene Berechnung nach US Energy Information Agency für CO2-Angaben, Central Intelligence Agency für Bevölkerungszahlen.

Es geht hier wohlgemerkt nicht darum, wie viel CO2 ein Land freisetzen dürfte, um einen Klimaanstieg über eine bestimmte Grenze wie 2,0 Grad zu vermeiden. Dann müsste der Gesamtausstoß nämlich sinken. Auch der graue Balken ist unter diesen Gesichtspunkten noch zu hoch. Gefragt wurde nur, welcher Anteil sich durch die hohe Einwohnerzahl erklären lässt. Auch Deutschland setzt pro Kopf überdurchschnittlich viel CO2 frei, genauer gesagt rund das doppelte. Deutlich schlechter stehen noch die USA, Kanada und Saudi-Arabien da, die rund das dreieinhalbfache ausstoßen.

Das heißt allerdings nicht, dass diese drei Länder – pro Kopf – die größten CO2-Sünder sind, da hier nur die zehn Länder mit dem höchsten Gesamt-Ausstoß berücksichtigt sind, unabhängig vom Pro-Kopf-Ausstoß. Das zeigt sich auch im Fall Indien. Das Land ist eine Ausnahme unter den Top 10, es produziert unterdurchschnittlich viel CO2 (schwarzer Balken), würde der Pro-Kopf-Ausstoß im internationalen Durchschnitt liegen, käme der blaue Balken noch dazu. Immerhin ist jeder sechste Mensch ein Inder, rund jeder fünfte ein Chinese.

Veränderung Emissionen
Veränderung der CO2-Emissionen durch Energieerzeugung. CO2-Ausstoß durch Entwaldung, Trockenlegung von Mooren oder Verkehr sind nicht enthalten. Quelle: IEA

Allerdings legt der CO2-Ausstoß in den Schwellenländern deutlich stärker zu als in den Industrienationen, der Abstand verringert sich also. Das ist eine häufig unterschätzte Komponente beim Ziel, eine zu starke Klimaerwärmung zu vermeiden: Die reichen Länder müssen nicht nur ihren Ausstoß an Treibhausgasen reduzieren, sondern auch den Anstieg in den Entwicklungsländern kompensieren. Eine ähnliche Situation wie beim Welthunger, wo das Produktionsplus nicht nur den Anstieg der Weltbevölkerung übertreffen muss um die Zahl der Hungernden zu senken, sondern auch die steigende Nachfrage aus China und anderen Schwellenländern.

Tatsächlich geht es bisher nur in sehr kleinen Schritten voran. Viele Industrieländer wie Deutschland, Frankreich und Italien haben seit 1990 den Ausstoß von CO2 in der Energieproduktion reduziert, Deutschland beispielsweise um 19,2 Prozent. Allerdings macht der Autoverkehr das teilweise wieder zunichte. Einerseits sieht es so aus, als habe das Auto für die Generation Y nicht mehr die gleiche Bedeutung als Statussymbol, andererseits steigt die Zahl spritfressender Pseudo-Geländewagen (SUV) rasant an. Vor allem Frauen scheint das vermeintliche Macho-Mobil zu gefallen. Offenbar ist es eher ein Hembra-Mobil (Hembra ist im Spanischen das Gegenteil von Macho, also ein weibliches Tier).

Kyoto Protokoll Vergleich zur Realität
Nur wenige Länder haben ihre im Kyoto-Protokoll formulierten Ziele erreicht, darunter Deutschland. *Zielsetzung bis 2012 **Die USA haben das Protokoll zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert.

Außerdem ist der Rückgang in Deutschland wohl zum Teil auf die Deindustrialisierung im Osten zurückzuführen. Die Statistik hat außerdem ein paar Tücken. So wird das CO2 dem Land zugeschrieben, in dem es freigesetzt wurde. Das hört sich sinnvoll an, schafft aber Probleme. Lässt Deutschland sein Aluminium (für dessen Herstellung viel Energie verbraucht wird) im Ausland produzieren, entsteht das CO2 dort und die Bilanz Deutschlands verbessert sich, auch wenn der Lebensstil hierzulande nicht umweltfreundlicher geworden ist.

Würde man das CO2 dem Land gutschreiben, in dem die hergestellte Ware verkonsumiert wurde, würde die Bilanz vermutlich etwas anders aussehen. Der Rückgang der Emissionen in den wohlhabenden Länder wäre vermutlich geringer oder Null, denn er rührt zum Teil auch von der Verlagerung der Industrie nach Asien. Saudi Arabien würde sicher noch schlechter dastehen und hätte dann unter den Top 10 den größten Ausstoß an CO2 pro Kopf. Denn die die meisten Menschen im Land pflegen einen aufwändigen Lebensstil. Das Land hat aber kaum Industrie, sondern lässt die Güter in anderen Ländern herstellen, weshalb die CO2-Freisetzung dort erfasst wird.

Moor
Moore sind nicht nur schön, sie speichern auch CO2. Vor allem von 1900 bis 1970 wurden viele Moore trocken gelegt, die bis heute viel CO2 emittieren Eine Renaturierung könnte den Trend sogar umkehren. Foto: Ulrich Dettmer @ Flickr – creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/de

Das ist nicht der einzige Kritikpunkt. Die eingangs zitierte Statistik berücksichtigt auch Entwaldung. Hier argumentieren Länder wie Brasilien, dass Nationen wie Deutschland oder Großbritannien ihre Wälder ja auch zerstört hätten – allerdings schon vor mehr als 1.000 Jahren. Außen vor bleibt meines Wissens auch die CO2-Freisetzung durch trocken gelegte Moore, obwohl allein in Deutschland dadurch angeblich mehr CO2 freigesetzt wird als durch den gesamten Flugverkehr. Denn die Moore hatten lange Zeit CO2 gebunden. Durch das Verrotten von Torf wird das jetzt wieder frei.

Weiter wird argumentiert, dass Länder mit hohem Bevölkerungswachstum nicht bestraft werden. Das erscheint mir allerdings etwas gewagt, Menschen als Emittenten von Treibhausgasen mit Autos gleichzusetzen. Eine Erfassung des CO2-Ausstoßes nach dem Ort des Konsums wäre dagegen sinnvoll, allerdings nicht ganz einfach umzusetzen.

So oder so darf man es als relativ sicher ansehen, dass aktuell zu viel CO2 freigesetzt wird – und das das die größten Verursacher, egal ob nach Ort der Entstehung oder des Konsums gerechnet, die wohlhabenden Länder sind.

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