Wie geht’s eigentlich dem Kino?

Bei der Vorbereitung zu meinem hoffentlich bald erscheinenden Statistiker-Blog Buch habe ich auch einen Beitrag von 2011 zur Statistik der Kinobesuche wieder gefunden. Zwei Jahre ist das jetzt her, also Zeit um nachzusehen, ob der damals festgestellte Abwärtstrend gestoppt wurde.

Statistik Kinobesuche seit 1993 als Grafik
Entwicklung der Kinobesuche seit 1993 in Millionen. Quelle: Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO)

Tatsächlich sind die Deutschen im Jahr 2011 (129,6 Millionen Kinobesuche) wieder öfter ins Kino gegangen als 2010 (125,6) und 2012 gab es einen weiteren Anstieg (auf 135,1 Millionen). Die Daten der Filmförderanstalt (FFA) zeigen aber auch, wie abhängig die Zahl der Kinobesuche von nur wenigen Filmen ist. 35 Prozent der Besuche entfallen 2012 auf nur zehn Filme, ein Großteil davon auf jene Filme, die mehr als sechs Millionen Besucher anzogen. Laut FFA gab es davon 2012 drei, nach Insidekino sogar vier, in den Jahren zuvor hatte meist nur ein Film mehr als 6 Millionen Besucher.

Haben die großen Studios mal ein schlechtes Jahr, spüren das also auch die Filmtheater. Wäre beispielsweise „Ziemlich beste Freunde“ im Jahr 2012 nicht ins Kino gekommen, hätte ein Teil der laut Insidekino 9,0 Millionen Besucher in Deutschland möglicherweise einen anderen Film besucht, ein anderer Teil wäre aber zuhause geblieben und aus dem Besuche-Plus von 5,5 Millionen gegenüber 2011 wäre womöglich ein Minus geworden.

„Ziemlich beste Freunde“ war nicht nur der erfolgreichste Film seit 2010, sondern steht auch für einen neuen Trend im Kino. Wie aus einer Analyse der FFA hervorgeht wandelt sich nämlich die Altersstruktur der Besucher, teilweise aufgrund des Wandels in der Bevölkerung, teilweise aber auch weil ältere Jahrgänge heute konsum- und erlebnisorientierter sind als früher und von den Filmtheatern daher auch stärker umworben werden. So stieg der Anteil von über 60-Jährigen an den Besuchern seit 2007 von 8 auf 12 Prozent.

Statistik Kinobesuche seit 1925
Die Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft hat sogar Daten zur Zahl der Kinobesuche seit 1925, 1945 bis 1990 nur Westdeutschland. Deutlich zu sehen der Einbruch nach 1956 bis 1976 durch die Verbreitung des Fernsehens. Stagnation bis Mitte der 1990er Jahre, Erholung bis 2001, dann erneuter Rückgang und Stagnation. Die Zahlen vor 1945 sind mit Vorsicht zu genießen, da Deutschland damals etwas größer war. Vor allem aber trieb der Krieg die Zahl der Besuche ab 1939 hoch (Wochenschau), zudem ist fraglich ob die Daten zu den NS-Propagandafilmen korrekt gemeldet wurden. Quelle: SPIO

Nach wie vor sind aber die 20 bis 29-Jährigen besonders fleißige Kinogänger. Insgesamt gilt, dass die unter 40-Jährige überproportional oft ins Kino gehen und die über 50-Jährigen unterdurchschnittlich oft (die 40 bis unter 50-Jährigen habe ich nicht vergessen, die liegen etwa im Durchschnitt). Auch der demographische Wandel macht also den Kinobetreibern zu schaffen.

Sie müssen auf mehr Filme wie „Ziemlich beste Freunde“ hoffen. Der französische Streifen war nicht nur bei den über 50-Jährigen der erfolgreichste Film, sondern lag auch bei den 20 bis 29-Jährigen und den 40 bis 49-Jährigen auf Platz zwei. Bei den 30 bis 39-Jährigen reichte es nur für Platz drei, vermutlich weil die mit ihren Kindern im Kino waren. Top-Film bei den 10 bis 19-Jährigen und den 30 bis 39-Jährigen war nämlich jeweils Ice Age 4.

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1 Comment on “Wie geht’s eigentlich dem Kino?

  1. „Ziemlich beste Freunde“ war ein großartiger Film – ich staune, dass der bei so vielen Altersklassen gut ankam. Ich selbst schaute ihn erst, als er auf DVD rauskam, ich gehöre nicht zu den Kinofans, falle also aus der Statistik 😉 Aber es ist schon interessant, dass die Kinobesuche steigen – obwohl doch die Film- wie die Musikindustrie so große Angst vorm Internet und den daraus folgenden Möglichkeiten hat. Gut, wenn höhere Altersklassen einen Anstieg zu verbuchen haben, könnte man natürlich behaupten, die seien weder so internetaffin noch so „illegal“ wie die „Jugend von heute“ 😉 Aber die Hauptkinogänger sind ja immer noch jüngere Leute.

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