Rente mit 70? (1)

Um die Rente mit 67 ist es zur Zeit still geworden. Aber die nächste Kontroverse kommt bestimmt. Zeit für uns also, sich mal den Fakten zu widmen.

Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Regierung und Opposition kommen zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen und keine Zahl kann so richtig überzeugen.

Beantworten wir deshalb zunächst einmal eine leichtere Frage, nämlich: Wann darf ich in Rente gehen, falls mit 67 noch nicht Schluss ist. Während vor allem Rentner die Rente mit 67 völlig ablehnen, haben viele Jüngere sich längst auf noch höhere Renteneintrittsalter eingestellt. Was also passiert, wenn die aktuell beschlossene Erhöhung des Renteneintrittsalters um jährlich einen Monat auch dann fortgesetzt wird, wenn ein Renteneintrittsalter von 67 erreicht ist? In der Tabelle habe ich links den Geburtsjahrgang eingetragen, dann das Renteneintrittsalter bei jährlicher Erhöhung um einen Monat und ganz rechts die Abschläge für einen Renteneintritt mit 63, der langjährigen Versicherten auch in Zukunft offen stehen wird.

Jahre Monate Abschlag mit 63
1964 67 14,4
1965 67 1 14,7
1966 67 2 15,0
1967 67 3 15,3
1968 67 4 15,6
1969 67 5 15,9
1970 67 6 16,2
1971 67 7 16,5
1972 67 8 16,8
1973 67 9 17,1
1974 67 10 17,4
1975 67 11 17,7
1976 68 18,0
1977 68 1 18,3
1978 68 2 18,6
1979 68 3 18,9
1980 68 4 19,2
1981 68 5 19,5
1982 68 6 19,8
1983 68 7 20,1
1984 68 8 20,4
1985 68 9 20,7
1986 68 10 21,0
1987 68 11 21,3
1988 69 21,6
1989 69 1 21,9
1990 69 2 22,2
1991 69 3 22,5
1992 69 4 22,8
1993 69 5 23,1
1994 69 6 23,4
1995 69 7 23,7
1996 69 8 24,0
1997 69 9 24,3
1998 69 10 24,6
1999 69 11 24,9
2000 70 25,2

Würde das Renteneintrittsalter tatsächlich auf 70 erhöht, läge es wieder so hoch wie bei der Einführung der Gesetzlichen Rente vor fast genau 120 Jahren. Die Gesamlebenserwartung eines 15-Jährigen lag damals übrigens sogar noch unter 70. Der durchschnittliche 15-Jährige hat also seinen Renteneintritt nie erlebt.

Zugegeben, die Annahmen in der obigen Tabelle sind ziemlich spekulativ. Im Moment sieht es eher so aus, als würde die Erhöhung des Renteneintrittsalters wieder rückgängig gemacht oder zumindest ausgesetzt. Und auch ob der vorgezogene Renteneintritt mit 63 bei Abschlägen für langjährige Versicherte (Wartezeit von 35 Jahren) erhalten bleibt, ist fraglich. Zusätzlich gibt es übrigens noch die besonders langjährig Versicherten. Das sind die, die mindestens 45 Jahre aktiv in die Rentenkasse eingezahlt haben. Die dürfen auch weiterhin abschlagsfrei mit 65 in Rente gehen.

Das tatsächliche Renteneintrittsalter liegt aktuell übrigens bei 62,1 Jahren für Männer und 61,0 Jahren für Frauen. Das ist deutlich höher als in Frankreich, wo das gesetzliche Renteneintrittsalter bei 60, das tatsächliche aber unter 59 Jahren liegt, jedoch deutlich niedriger als in Japan. Dort dürfen Beschäftigte eigentlich schon mit 64 (Männer) oder sogar 62 (Frauen) in Rente gehen. Tatsächlich tun sie das jedoch erst mit 69,5 (Männer) beziehungsweise 66,5 (Frauen) Jahren.

Als Reaktion auf das gestiegene Renteneintrittsalter wollen 35 Prozent der Deutschen länger arbeiten. 32 Prozent wollen nicht länger arbeiten, aber mehr sparen und 27 fürchten, eine niedrigere Rente in Kauf nehmen zu müssen. Die Mehrheit der Deutschen will deshalb auch kein höheres Renteneintrittsalter. Nur sieben Prozent sind der Meinung, das Renteneintrittsalter sollte bei 67 liegen, ein weiteres Prozent will eine Regelaltersgrenze von 70. 38 Prozent dagegen wollen die Grenze bei 65 belassen, 21 Prozent sie sogar auf 62, 24 Prozent auf 60 Jahre senken und drei Prozent sogar unter 60 Jahre. Und das, obwohl 84 Prozent nicht oder sogar überhaupt nicht (58 Prozent) von der Finanzierbarkeit der staatlichen Rente überzeugt sind.

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